Ist es egoistisch, allein ein Kind zu bekommen

Ist es egoistisch, allein ein Kind zu bekommen

Grundsätzliche Überlegungen, Argumentationshilfen und konkrete Rückmeldungen  gesammelt aus der Community

Ist es egoistisch, allein ein Kind zu bekommen?

Ist es egoistisch, allein ein Kind zu bekommen/ Solomutter zu werden/ dem Kind den Vater vorzuenthalten?

Der mit Abstand aller-allerhäufigste Satz, mit dem Solomütter gern konfrontiert werden oder den Solomütter und v.a. werdende Solomütter befürchten. Schauen wir uns das mal genauer an: Wann und wo kommt es eigentlich zu solchen Vorwürfen? Für diesen Zweck habe ich eine anonyme Umfrage gestartet. 

Natürlich gar nicht repräsentativ, es gab 58 Stimmen, 16 Personen gaben an, noch nie diesen Vorwurf gehört zu haben. Social Media und Presse, dort nehme ich diesen Vorwurf regelmäßig wahr. Bei jedem Artikel, Reel oder Post zur Solomutterschaft können wir gefühlt bis 5 zählen, bis der erste Kommentar kommt: „Aber das finde ich ganz schön egoistisch“.

Dabei gaben die Abstimmenden fast zu gleichen Teilen an (53/47%), den Vorwurf direkt gegen die eigene Person gerichtet zu erfahren als auch als indirekte Mitteilung „Also allein ein Kind zu bekommen, das finde ich egoistisch“.

Was bedeutet eigentlich Egoismus?

Ist es denn nun egoistisch (allein ein Kind zu bekommen)? Schlagen wir mal im Duden nach:

Egoismus: „Haltung, die gekennzeichnet ist durch das] Streben nach Erlangung von Vorteilen für die eigene Person, nach Erfüllung der die eigene Person betreffenden Wünsche ohne Rücksicht auf die Ansprüche anderer; Selbstsucht, Ich-Sucht, Eigenliebe“ .

Also das Streben nach Erlangung von Vorteilen für die eigene Person und das Erstreben nach Erfüllung von Wünschen für mich selbst – soweit – so gut!

Aber jetzt kommt´s: ohne Rücksicht auf die Ansprüche andere! Das ist der Knackpunkt.

Also: Eine Solomutterschaft ist insofern dann egoistisch, wenn ich die Ansprüche Anderer (und wir wissen alle: hier ist das Kind gemeint) übergehe.

Aber machen wir das wirklich? Wieviel Zeit hast du damit verbracht, zu überprüfen

  • Kann ich dem Kind gerecht werden?
  • Ist mein Netzwerk groß genug?
  • Wie wird es dem Kind gehen? Wie entwickeln sich Kinder nach Samenspende/ von Solomüttern?
  • Welche Sprache sollte ich zur Aufklärung des Kindes nutzen?
  • Wer kümmert sich um mein Kind, wenn ich vorzeitig versterbe?
  • Wer kümmert sich um mein Kind, wenn mir etwas passiert (Unfall, Koma)?
  • Wird mein Kind finanzielle Nachteile erleiden? Wird es dem Kind finanziell schlecht gehen? Kann ich uns 2 Personen finanziell allein versorgen?
  • Fehlt dem Kind eine „männliche Bezugsperson“ bzw. braucht ein Kind einen Vater, um sich gut entwickeln zu können?
  • Was, wenn ich mich nicht gut um meine Bedürfnisse kümmern kann und das Kind am Ende leidet?
  • Werde ich allen Bedürfnissen des Kindes nachkommen können?

Kennst du solche Fragen? Wie viele Podcasts hast du gehört, Bücher gelesen, Solomütter befragt, Alleinerziehende oder einfach Eltern von Kindern?

Warst du zu einer psychosozialen Beratung, bei der du gehört hast, wie sich Kindern aus solchen Familien entwickeln und wie und warum und mit welchen Worten Kinder über ihre Entstehung aufgeklärt werden können? Warum es wichtig ist, einen offenen Umgang über die Herkunft des Kindes zu pflegen, nicht nur zu Hause im stillen Kämmerlein?

Hast du dir ein dickes Konto angelegt, für Kinderwunscherfüllung und ein Leben danach, hast du jahrelang gespart, um deinem Kind ein gutes Leben ermöglichen zu können?

Hast du die Freund*innen deines Umfelds befragt, wer die Versorgung deines Kindes in bestimmten Situationen übernehmen könnte, Patentante oder Exklusivperson werden würde?

Bist du umgezogen, hast einen Job gewechselt?

Hast du dich mit anderen Solomüttern und Wunschsolomüttern vernetzt, um den Kind Chancen auf Kontakte zu anderen Kindern zu ermöglichen, die ebenfalls mit Hilfe einer Spende entstanden sind?

Hast du dich sogar schon auf die Suche nach genetischen Halbgeschwistern begeben oder hat dein Kind die Person, die gespendet hat bereits kennengelernt?

Ich frag ja nur. Du wirst nicht alles mit Ja beantworten. Aber die wichtigste Frage lautet nicht: „Darf ich oder darf ich nicht?“. Sie lautet: Was muss ich machen, damit es meinem Kind gut gehen wird? Hierzu gehören meiner Meinung nach wesentliche Aspekte, die du für dich mal prüfen kannst:

  • Werde ich mein Kind versorgen können: finanziell, physisch, psychisch, emotional?
  • Gibt es Menschen, die mich auf meinem Weg unterstützen könnten?
  • Traue ich mir zu, Hilfe anzufordern (auch, wenn es mir schwerfällt)?
  • Bin ich bereit, sowohl die Bedürfnisse meines Kindes als auch meine eigenen Bedürfnisse regelmäßig zu reflektieren und traue ich mir zu, mit Krisen umzugehen (auch wenn ich nicht sofort eine Lösung parat habe)?
  • Bin ich bereit, offen über die Entstehung meines Kindes zu sprechen (weil es für das Kind wichtig ist)? Und auch dem Umfeld ggü. offen mit dem Thema umzugehen? 

Und nein, nicht jeder Weg passt für jede Person. Ist es egoistisch diesen Weg zu gehen, allein ein Kind zu bekommen? – Was steckt vielleicht manchmal dahinter: Hast du dir das gut überlegt? Selbstverständlich, schade, dass du fragst.. 

Egoistisch, allein ein Kind zu bekommen – als wäre das Entscheidung, die ich mal eben schnell schnell so treffe

Manchmal hängt an der Frage, ob das nicht ganz schön egoistisch wäre, allein ein Kind zu bekommen, die Idee, es wäre eine spontane Entscheidung. Aber nein, das entspricht NICHT meiner Beratungserfahrung. Diese Menschen sehen also gerade eben nicht „einfach mal so über die Bedürfnisse des Kindes hinweg“, wenn sie diese Entscheidung treffen. Insofern halte ich den Egoismusvorwurf immer als besonders unzutreffend, denn meiner Erfahrung nach denken die meisten 1-5 Jahre nach, bevor sie sich überhaupt final für diesen Schritt entscheiden.  Die meisten Solomütter sind sehr reflektiert und außerordentlich gewillt,

  • sich zu vernetzen,
  • sich vorzubereiten &
  • regelmäßig zu reflektieren!

Und schauen wir uns diese Eigenschaften an, das sind wahrhafte Superkräfte. Also eigentlich, wie ich finde sogar ein Vorteil der Solomutterschaft. Viele Solomütter, die ich begleiten durfte, berichten auch, dass sie selbstsicherer und selbstbewusster geworden sind. Und viele Solomütter stellen fest, mit Fortschreiten der Solomutterschaft zu wachsen und v.a. auch mehr auf die eigenen Bedürfnisse zu achten. So werden bspw. nicht selten in der Schwangerschaft toxische Freundschaften beendet. Und das ist dann auch nicht egoistisch, sondern selbstfürsorglich. Solomütter lernen vielleicht sogar mehr auf sich selbst und die eigenen Bedürfnisse zu hören. Und dadurch können sich Prioritäten verschieben. Deshalb ist meiner Ansicht nach eine Solomutterschaft dann besonders gut geplant, wenn ich von Anfang an Zeit für mich und meine Bedürfnisse einplane. Übrigens: Eine super Eigenschaft, die wir unseren Kindern beibringen möchten, oder?

Selbstliebe und das Achten eigener Bedürfnisse.

Aber ich enthalte dem Kind doch den Vater vor, also ist es ganz schön egoistisch allein ein Kind zu bekommen

Also wann ist Solomutterschaft jetzt egoistisch? Na vielleicht dann, wenn ich in Kauf nehme/ „die Ansprüche meines Kindes“ übergehe zur Umsetzung meines Bedürfnisses. Was sagt die Forschung? Es gibt eine wichtige Studie, die aufzeigt, dass der Umgang innerhalb des Familienkonzepts den Kindern wirklich geschadet hat, dieser Beleg stammt aus einer Zeit, in der Eltern gesagt wurde „Klärt die Kinder nicht auf“ aus einer riesengroßen Tabuzeit und in der die Spenden anonym erfolgt sind. Und deswegen ist frühzeitige Aufklärung so immens wichtig! Niemals ein Geheimnis zu machen. Nur so kann das Kind das Konzept als ganz normal erleben. Denn Kinder wollen eigentlich gern normal sein. Normalität/ einen selbstbewussten Umgang mit der Entstehungsgeschichte zu leben – kann sich nur einstellen, wenn wir von Anfang an auch nichts Sonderbares daraus machen. Und deshalb ist für jene Klient*innen, die sich final gegen diesen Weg entscheiden die Nicht-Bereitschaft zu einem offenen Umgang mit dieser Familienform der häufigste Grund, diesen Weg nicht weiter zu verfolgen. Egal, ob Heteropaar, queeres Paar oder Single. Und nein, ein Kind braucht keinen Vater, keinen Vaterersatz. Es braucht keine Vaterrolle, es gibt keine Aufgaben, die ausschließlich von Männern/ Vätern erledigt werden können, das sind Geschlechtsstereotypen.

Und ja, nicht selten kommen hier auch eigene Erfahrungen hinzu. Schon oft hörte ich in der Beratung „Ich bin selbst Kind einer alleinerziehenden Mutter, der Vater ging schon sehr früh aus der Familie. ICH HABE MEIN LEBEN LANG DARUNTER GELITTEN, KEINEN VATER ZU HABEN. Verstehe ich, ABER vergleiche nicht klassisch Alleinerziehenden-Familien mit Vater, der früh gegangen ist mit Solomütterfamilien, bei denen es keinen Vater gibt (und nie gab). Es gab einen Spender, der geholfen hat, dass diese Solomutterfamilie zustande kam, aber das ist kein Vater. Solche Vergleiche sind für diese Reflexion ungeeignet, denn das ist eine komplett andere Ausgangssituation. 

Ich möchte hier gern Susan Golombok zitieren (und ja, Langzeitstudien stehen immer noch aus), aber sie sagt:

The similarities in parenting and child adjustment between children in one-parent and two-parent families in the present study are in direct contrast to the findings of studies of families headed by divorced or unmarried single mothers, which found higher levels of children’s emotional and behavioral problems compared to children in two-parent families. This discrepancy may be attributable to the differing social circumstances of single mothers by choice, who made an active decision to parent alone and planned their lives accordingly, and divorced and unmarried single mothers, who found themselves in this situation unintentionally. The findings of the present study thus add weight to the view that the raised levels of adjustment problems shown by children of divorced and unmarried single mothers result from the adverse circumstances that often accompany single motherhood, rather than single motherhood, in itself.”

Also noch mal: Familien mit Solomüttern lassen sich nicht mit klassisch Alleinerziehendenfamilien vergleichen. 

This suggests that the presence of two parents—or of a male parentis not essential for children to flourish, thus adding to the growing body of evidence (Golombok, 2015; Lamb, 2012; Patterson, 2009) that family structure is less influential in children’s adjustment than the quality of family relationships.

Die Qualität der familiären Beziehungen ist also wichtiger, als die Struktur der Familie. Und warte Mal. Solomütter errichten sich ja wie heißt es so schön in der Community … „ihr Dorf“. Die Frage muss also lauten: „Wie ist das Dorf aufgebaut, welche Rollen sind vergeben und bieten dem Kind enge, exklusive und verlässliche Beziehungen an und weil so ein Dorf sich auch erst mal entwickeln muss: „Bin ich bereit, Netzwerke aufzubauen/ Traue ich mir zu, Kontakte zu erschließen?“. 

Braucht das Kind einen Vater, um sich gut entwickeln zu können, oder kann es sich genauso gut mit 2 Herzenstanten entwickeln?

Mir ist keine verlässliche Studie bekannt, die aufzeigt, dass Kinder sich ohne Väter schlechter entwickeln!!!

Und wie gehe ich jetzt mit einem solchen Vorwurf um?

Frag erst mal nach dem WARUM? Warum egoistisch, allein ein Kind zu bekommen? Dein Gegenüber wird vielleicht antworten:

  • Weil du dir einen/ deinen größten Wunsch erfüllst? „Äh ja! Das darf ich.“ 
  • Weil die Kinder sich angeblich schlechter entwickeln?
  • Weil du dem Kind schadest?
  • Weil es deinem Kind schlecht gehen wird?

Manchmal kann es dann helfen, den wissenschaftlichen Stand darzulegen. Einen guten Überblick liefern hier die AWMF-Leitlinien. Die Statements zur Solomutterschaft lauten: Zur Familienentwicklung bei alleinstehenden Frauen nach Kinderwunschbehandlung gibt es zurzeit nur wenige Daten. Erste Studien deuten an, dass sich die Kinder dieser „Solo-Mütter“ ebenso gut entwickeln wie diejenigen, die mit einem Elternpaar aufwachsen, und dass auch die „Solo-Mütter“ keinerlei Auffälligkeiten aufzeigen. Aussagekräftige Langzeitstudien stehen jedoch noch aus. … Bei „Solo-Müttern“ sollte der besondere Beratungsbedarf bezüglich psychosozialer Versorgung, Absicherung und rechtlicher Situation des Kindes beachtet werden. (S.97)

Mach dein Gegenüber aufmerksam darauf, dass eine solche Aussage verletzend und verurteilend ist. Gerade von einer guten Freundin zu hören, es sei egoistisch, allein ein Kind zu bekommen. Aber dass es gerade für die Kinder wichtig ist, offen darüber zu sprechen. Geh ins Gespräch. Und manche Personen kannst du durch wissenschaftliche Informationen erreichen, Andere hingegen wirst du nicht erreichen. Dies können Menschen mit starken traditionellen, religiösen oder konservativen Ansichten sein. Du wirst sie mit deinen Worten nicht erreichen können. Denn dein Weg verstößt dann ggf. gegen das Modell der klassische Kleinfamilie, was jetzt eigentlich wie alt ist? 200 Jahre!!! (Mundlos, Steiner).

Und am Ende verstößt Solomutterschaft gegen patriarchale Strukturen und das Selbstbestimmungsrecht der Frau.

Denn du bist dir so viel Wert, du kümmerst dich um dich selbst, um dir dein Bedürfnis zu erfüllen. Anstatt dies als „natürlich“ zu bewerten, wird die Motivation hinterfragt. Warum willst du denn ein Kind? Kinderwunsch ist nicht messbar, machen Menschen können aber diesen Wunsch nicht nachvollziehen, sodass nicht weniger Solomütter das Gefühl bekommen, sich für ihren Wunsch rechtfertigen zu müssen (Will ich wirklich genug ein Kind?“ Und dann wir das eigene Handeln – natürlich – als Egoismus abgewertet.

Nicht egoistisch ist es hingegen womöglich dieser Ansicht nach, seine Wünsche und Bedürfnisse zu missachten, bzw. es ist selbst verschuldet, denn als Single ohne Partner*in muss sowieso mit dir irgendwas nicht stimmen (Achtung hier kommt das Singleshaming).

Der Kinderwunsch in einer Paarbeziehung wird übrigens selten so betrachtet. Hier bewerten wir erst ab einem gewissen Alter, ab einer best. Anzahl der Kinder oder erst wenn bestimmte Methoden zum Einsatz kommen. (Was übrigens alles genauso wenig ok ist!).

Aber viele Paare überlegen es sich nicht, ein Kind zu bekommen. Kein Kind fragt, ob es geboren werden möchte. Also insofern ist Kinderwunsch vielleicht immer egoistisch? Oder ist damit einfach gemeint von Anderen bestimmt/ fremdbestimmt, weil ja die Eltern entscheiden.

Und trotzdem halte ich es für unerlässlich, sich Gedanken um die Kinder zu machen. Das lese ich auch oft in irgendwelchen Social-Media-Kommentaren „Warum denkt keiner an die Kinder?“.

Aber warum wird in Frage gestellt, dass Solomütter sich damit nicht befassen würden? Ich glaube viele wären erstaunt, wie viele Solomütter sich mit genau diesen Fragen von Anfang an und bis das Kind aus dem Haus ist genau darum einen Kopf machen, immer wieder.

Und ganz ehrlich, manchmal (bei sehr schwierigen/ dramatischen Behandlungsverläufen) ist es bei einem so essentiellen Wunsch schwer, an die Perspektive der Kinder zu denken, v.a. wenn der Druck massiv hoch ist, schnell eine Entscheidung treffen zu müssen, zB. weil der Partner mitten in der Behandlung abgesprungen ist, aber genau dafür helfen dir Berater*innen bei BKiD, die Perspektive der Kinder einzustreuen.

Wenn du also Unterstützung suchst, dann findest du hier qualifizierte Fachkräfte. Viele kommen nämlich auch mit solchen Fragen zu mir und möchten den Weg beleuchten, um nichts Wichtiges zu übersehen/ zu vergessen. Dann lass dich gern unterstützen.

Und liebe Menschen aus Umfeld: Hört auf, diese Frage zu stellen!

Liebe Wunschsolomutter/ Wunschsoloelternperson: Hör auf dir diese Frage zu stellen! Es ist ok, sich ein Kind zu wünschen. Wenn du keine*n Partner*in hast oder die keine Partnerschaft wünschst, dann bist nicht nicht falsch, schlecht, krank, beziehungsgestört. (Wieder Singleshaming). Du bist absolut ok.  An dir ist nichts falsch!  Befrei dich von den gesellschaftlichen etablierten klassischen Familienbild als einzige wahr und richtige Form. Familie wird immer bunter. Alles ist normal, alles ist Familie. Diesen Satz habe ich bestimmt schon über 100 Mal vorgelesen oder aufgesagt. 

Frage nicht danach, ob es egoistisch ist, allein ein Kind zu bekommen? Werde ich es schaffen, bin ich genug? Sondern frage dich: Wie muss ich mich vorbereiten? Wie muss ich mein Umfeld aufstellen, aufklären, Netzwerke ausbauen, damit ich dem Kind nicht schade, gerecht werde, genug bin?

Soweit zu meinen Gedanken, abschließend möchte ich die Community zu Wort kommen lassen:

Und was sagt jetzt der Schwarm?

„Mir fällt es sehr schwer diesen Vorwurf logisch und auch emotional nachzuvollziehen. Nach dieser Logik wäre jede gewollte oder ungewollte Elternschaft eine Art von Egoismus – das Kind ist ja in keinem der Fälle vorab gefragt worden ob es überhaupt geboren werden möchte oder ob ihm / ihr das Setup gefällt in das es hinein geboren wird. Der Vorwurf könnte dann ja beliebig (und auch unendlich) weitergetrieben werden, je nachdem welche persönliche Meinung man zu dem idealen (vielleicht auch manchmal einzigen?) Setup für ein Kind hat. zB könnte es dann Leute geben, die es egoistisch finden, dass man ein Kind in die Welt setzt in ökonomisch schwachen Verhältnissen. Dass man eines bekommt obwohl man Körperbehindert / eingeschränkt ist. Dass man ein Kind in der Stadt in einer kleinen Wohnung das Leben schenkt statt auf dem Bauernhof auf dem Land, wo es ihm doch viel besser gehen würde? In einem meiner Interviews habe ich mal als Hasskommentar eine Studie gesendet bekommen in der rauskam dass Alleinerziehende zu Übergewicht neigen, gestresster sind und weniger Geld haben. Und damit begründete man “Egoismus”. Erst mal trifft diese Statistik nicht pauschal zu. Zweitens müsste das “Kinder bekommen Verbot” ja dann auch auf alle ausgeweitet werden bei denen einer oder mehr dieser Umstände zutrifft. Die Liste von dem was manche Menschen für angebracht und “gut für das Kind” empfinden ist absurd lang, willkürlich, wissenschaftlich unbelegt und nur weil man Lebensherausforderungen für ein Kind voraussagt, ist es noch lange kein Grund das Kind nicht zu bekommen. Lebensherausforderungen sind für 100% aller Menschen in petto im Leben – c’est la vie. Und wenn das dazu führt, dass man keine Kinder haben darf, dann existiert die Menschheit eben bald nicht mehr. Zuletzt denke ich auch immer wieder darüber nach, was es insbesondere für uns Solo Mütter bedeutet, neues Leben zu empfangen, in uns wachsen zu lassen, auszutragen und großzuziehen. Wir opfern unproportional viel von uns, unserem Körper, unserem Ersparten und unserer Arbeitsleistung um diese Leben zu ermöglichen. Mehr als andere Menschen und Mütter. Mir ist es ein Rätsel wie das Wort “Egoismus” und Mutter überhaupt in einen gemeinsamen Satz passen. Zu dem Vorwurf des Egoismus fällt mir auch immer der Vorwurf ein “das Kind ist nicht aus Liebe zu einem Menschen entstanden”. Das muss man sich auch mal auf der Zunge zergehen lassen. Solo Mütter haben das nicht aus hormongetriebener, eigener Befriedigung und aus Liebe zu einem Partner gemacht, sondern 100% aus Liebe zu diesem Kind. Das kann man nicht Egoismus nennen, sondern ist das genaue Gegenteil.“

 

„Als werdende Solomutter wurde ich bisher mit diesem Vorwurf noch nicht konfrontiert. Wahrscheinlich würde ich diesen Vorwurf ignorieren und nicht weiter auf die Person eingehen. Ich habe schließlich Besseres zu tun. Sollte ich doch antworten, würde ich der Person sagen, dass diese Person mir bitte genau erklären soll, warum sie denkt, dass das egoistisch ist. Und immer weiter nachfragen. Vielleicht kommen so die Vorurteile dieser Person ans Licht. Unter Egoismus verstehe ich Rücksichtslosigkeit gegenüber Bedürfnissen anderer und das Ausschöpfen der eigenen Vorteile auf Kosten anderer.. was das damit zu tun haben soll, ein Kind zu bekommen um das ich mich kümmere und Care-Arbeit zu leisten, weiß ich wirklich nicht. Ich habe mal in einem Podcast gehört, dass eine Solomutter gefragt wurde, ob sie sich nicht Sorgen gemacht hat, dem Kind „das angetan zu haben“. Was angetan zu haben? Dass es in einer Gesellschaft aufwächst, die das heteronormative Mama/Papa/Kind-Bild predigt? Das Problem ist die Gesellschaft und nicht die Tatsache, den Kinderwunsch alleine zu erfüllen.“

 

„Stimmt, es ist egoistisch, genau so, wie es auch von Heteropaaren und allen anderen egoistisch ist, die bewusst Kinder bekommen. Wir alle tun es für uns selbst, das unterscheidet uns nicht.“

 

„Ja, Fortpflanzung ist grundlegend biologisch egoistisch. Das stimmt. Ich sehe da zwischen Paar und Single aber keinen Unterschied.“

 

„Ein Kind zu bekommen ist immer egoistisch, total egal ob Solo oder als Paar!“

 

„Aha. Vielen Dank für diesen interessanten Einblick in deine Gedankenwelt. Ich geh dann mal.“

 

„Dass Kinder generell von niemandem gefragt werden ob und in welche Familie sie geboren werden. Und Kinder-bekommen perse demnach zumeist eine egoistische Erwachsenentscheidung ist. Mein Familienmodell bewusst gewählt ist, und damit sehr reflektiert bereits vorab Netzwerke (Anlaufstellen, Paten, Freunde…) aufgebaut werden konnten. Bzw. Notfallpläne geschmiedet wurden. (Vorsorgevollmachten…etc). Es in unserem Fall keine unverhoffte Trennung und damit verbundene. Schmerz und leid gibt. Wie es in manch Paarmodellfamilien immer mal wieder vorkommt . Und wie oft sind dann die Kinder die Leidtragenden… (Und Trennungen mit hässlichen Szenen, hat Mensch ja nun schon häufiger mit ansehen können…)“

„Es ist doch eine absolut persönliche Entscheidung, wie und auf welchem Weg man sich für ein Kind entscheidet, da steht es anderen nicht zu, darüber zu urteilen… Und ich würde mal behaupten, dass wir Single Mums sooo bewusst die Entscheidung für ein Kind treffen, wie es Paare wohl kaum tun (können). Wir wägen ab, reflektieren uns, hinterfragen uns, ob wir finanziell so aufgestellt sind, alleine für ein Kind zu sorgen, ob wir so belastbar sind und es uns zutrauen, die Verantwortung komplett alleine zu übernehmen… Bis wir zu dem Entschluss gekommen sind, in die Behandlung zu gehen, haben wir uns sooo intensiv mit grundlegenden Fragen beschäftigt, teilweise eine psychosoziale Beratung hinter uns, die rechtliche Beratung (als Voraussetzung für die Behandlung). Und wir sagen JA zum Kind, weil wir es unbedingt wollen, trotz vieler Hürden im Vorfeld. Naja und es ist ja auch so, da braucht sicher jede von uns nur im eigenen Familien- und Freundeskreis zu schauen, dass es keine Garantie als Paar gibt, dass das klassische Familienmodell mit Vater, Mutter, Kind DAS einzig Wahre ist, die Trennungsquote lässt grüßen… Und auch das ist bekannt, Spielball im Konflikt auf Elternebene sind häufig die Kinder. Wir sind da mit unserer Entscheidung für ein Kind besonnener – es ist ja keine Entscheidung für ein Leben ohne Mann, sondern die Entscheidung für ein Leben mit Kind. Und zu erwähnen sei auch die biologische Uhr, bisweilen bleibt einfach keine Zeit zum Warten auf unseren Prinzen. Und dann ist die eigene Entscheidung doch mutig und richtig, um sich den Wunsch nach Familie zu erfüllen! …in diesem Sinne, ein Hoch auf uns, unseren Mut und unsere Stärke, zu einer bunten Gesellschaft beizutragen! Und auf unsere gegenseitige Unterstützung!“

 

„Wer bestimmt denn ab wann man egoistisch ist? Gibt’s ne Elternpolizei? Gibt‘s nen Elternführerschein? … Wer bestimmt wer das Recht auf Kinder hat?
Wenn man einen Mann hätte, könnte dieser auch morgen sterben oder einen verlassen oder man selbst Schluss machen. Das ist ganz schön Patriarchat, dass eine Frau immer einen Mann haben muss, um normal zu sein. Nur Frau mit Mann, heterosexuell, ist angeblich eine „normale“ Familie. Am besten Mama, Papa, zwei Kinder, im Abstand von ca. zwei Jahren. Nicht zu früh, nicht zu spät. Sind wir denn Maschinen? Läuft es denn bei allen gleich? Trifft Jede/r zum richtigen Zeitpunkt den/die richtige Partner/in oder Beziehungsperson? Warum soll Frau aufs Kind verzichten, weil sie in ihren 30-ern nicht den passenden Partner gefunden hat? Warum soll sie einen auf -Teufel komm raus- nehmen, von denen die grade frei/übrig sind? Ich hätte es mir sogar gewünscht, einen Mann zu finden und damit auch reinzupassen, in das was von der Gesellschaft als Norm verkauft wird. Mama, Papa, Kind. Aber es ist nicht so gekommen und mein Kinderwunsch ist stärker, als ihn aufzugeben, weil mir das nicht passiert ist. Und Heute finde ich das sogar auch gut, weil es mich bestehende Normen hinterfragen lässt und es wichtig ist,  das verschiedenste Familienformen mitgedacht werden, queere Familien eingeschlossen.  Menschen ohne oder mit nur leichtem Kinderwunsch können ihn vielleicht schnell aufgeben, den Traum vom Kind.. Manche müssen auch gar nicht über ihren Kinderwunsch nachdenken, weil es einfach schnell und mit dem passenden Partner klappt. Da kommt es dann nicht zur Frage: Warum bekommst du ein Kind? Ist das egoistisch? Welchen Gruppen z. B. spricht man gerne das Recht ab eigene Kinder zu bekommen?

  • Alleinstehenden Frauen, insbesondere Frauen, die bewusst entscheiden ohne einen Partner ein Kind zu bekommen
  • ⁠Menschen mit Behinderung
  • ⁠Queeren Menschen
  • ⁠Paaren, bei denen der Kinderwunschweg sehr lange und holprig ist oder es sehr schwer ist noch ein Geschwisterkind zu bekommen
  • ⁠von Armut betroffenen Menschen, die oft als „sozialschwach“ bezeichnet werden
  • ⁠(…)

Warum sollen einige, die in eine vermeintliche gesellschaftliche Norm passen Kinder bekommen dürfen und andere nicht? Es gibt heute diese Option der Samenspende und sie ist rechtlich untermauert, das ist nichts Verbotenes. … Und nein wir haben nichts falsch gemacht, dass wir keinen Partner für Kinder gefunden haben. Das habe ich oft genug gedacht. Alles, einfach alles ist irgendwie ein Geschenk. … und Mann kann zumindest probieren sich mit 50 noch umzuschauen und Frau eben nicht.“ 

 

„Ein Kind alleine groß zu ziehen und zu finanzieren ist das am wenigstens Egoistische was es gibt (laut meinem Bruder, der 4 Kinder hat)! Seitdem ich das gehört habe, rede ich nie mehr über Egoismus.“

 

„Den selbst kinderlosen (Bekannten/ Freund) hab ich auch schon mal gefragt, was er denkt, wer ihm den Popo im Alter abwischt oder ihm seine neue Hüfte einbaut. Danke, gern geschehen.“

 

„Es verletzt mich, was du sagt, denn es zeigt, wie sehr du in patriarchalen Denkmustern festhängst.“

Danke an die Community

Die meisten haben ihre Namen mit angegeben. Zur Vereinfachung habe ich die Namen weggelassen. Aber großes Dankeschön an Euch und eure Rückmeldungen!!

Noch mehr Community

Ich hoffe, es war hier etwas für dich dabei. Ich finde, hier spricht die Masse/ der Schwarm/ die Community.

Komm in die Vernetzung und tausch dich aus.

Du bist nicht allein.